Donnerstag, 27. Oktober 2011

Schwarz-Weiß vererbte Bilder

Bei meiner Arbeit mit jungen Menschen stelle ich immer wieder fest, dass sich traditionelle Rassismen von Generation zu Generation leicht vererben. Mein Gedicht im Projekt ICH und DU macht dezent darauf aufmerksam, dass wir unsere Gedanken, Emotionen und Worte genauer beobachten und prüfen sollten. Denn einiges davon sollte wir einfach auf den Müll werfen und nicht wiederverwerten, weil überholt oder diskriminierend. Wir leben im Zeitalter der Globalisierung und damit auch im Zeitalter der Gleichberechtigung der Völker. Gleichberechtigung ist nichts, was von alleine geschieht. Sie bedarf der Verantwortung jedes einzelnen von uns. Gleichberechtigung müssen wir in uns selber herstellen und Verantwortung für sie übernehmen, Frieden miteinander schließen. Das wiederum tun wir am Besten gemeinsam. Oftmals glauben wir, dass wir nicht rassistisch denken, fühlen, handeln. Doch was uns unsere Eltern, Lehrer und andere Obrigkeiten an Bildern mit auf den Lebensweg gegeben haben, das wurzelt meist tief. Wir müssen den Seelenacker mehrmals pflügen, um den subtilen Nährboden für falsche Wertungen zu entfernen - aus Verantwortung gegenüber unseren Kindern und unserer Erde, die darauf wartet, dass sich Menschen freundschaftlich die Hände reichen.

Afrika – Europa

In meinem Kopf spukt ein altes Bildnis
aus längst vergangenen Kindertagen
von der trockenen afrikanischen Wildnis.
Wir müssen es neu,
wir müssen es anders wagen,
ohne Grenzen, ohne Scheu,
ohne Balken, der die Erde einzäunt
- von Freund zu Freund.
Suchend strecke ich meine Hand aus
und frage: Wer bist du?
Alte Sagen von Löwen und Wüstenmaus
decken dumpf meine Neugierde zu.

Nimm meine Hand!
Sag mir, wie gut das tut,
wenn du mir vertraut, mir bekannt.
Dann spüre ich Freundschaft, Liebe, Glut.
Lass mich aufbegehren
für eine Welt in Frieden,
die nicht nach Rassen unterschieden.
Lass uns die Erde durchqueren
für eine Welt in Freiheit
ohne Grenzen, Schlagbaum, Sperren,
ohne Knechte, ohne Herren.
Lasst uns das Brot vermehren
für eine Welt in Gleichheit,
in der es keine Armen, keine Reichen gibt,
sondern einer den anderen liebt. 

Menschlichkeit hat einen Preis,
einen guten noch dazu.
Weiß ist nicht immer nur Weiß
und Schwarz hat viele Nuancen.
Ich male ein neues Afrika,
eines mit fairen Chancen
und ein anderes Europa,
ein anderes ICH und DU.
Das Nord-Süd-Gefälle
bekommt eine andere Steigung
eine Brücke über die Meereswelle,
an beiden Enden dieselbe Neigung.

Male du, Afrika,
den Sand mit Träumen an –
von einer Welt, die Freiheit schenkt.
Damit ein jeder sehen kann,
wohin die Welt sich lenkt.
Und du, Europa,
reibe dir die Augen!
Siehe, dass alte Bilder nichts taugen.
Eine Welt in Vielfalt heißt meine Vision,
mit einem neuen Rhythmus,
Schwarz-Weiß, Bunt und Ton in Ton.
Es fehlt nur DEIN Entschluss.

Miriam Denise Weeke, Berlin 2010-11

Poesie ist für mich, wenn zwei Kulturen unterschiedlicher Sprache einen gemeinsamen Rhythmus finden.